Vollautomatisiertes Einsatzfahrzeug: Erste Tests erfolgreich

1. April 2023
Fahrzeug fährt zukünftig automatisch zu Einsatzorten

Die Feuerwehr Lintach investiert in die Zukunft: In unzähligen Arbeitsstunden haben die Einsatzkräfte ihr Fahrzeug mit umfangreicher Automationstechnik ausgestattet. In Kürze werden die Einsatzkräfte völlig autonom zu ihren Einsatzstellen befördert.

„Das Fahrzeug bekommt den Einsatzort automatisch von der Leitstelle übermittelt. Über Sensoren in den Sitzen erkennt es, wenn das Fahrzeug voll besetzt ist“, erklärt Erster Kommandant Benjamin Weiß. Sobald die Türen geschlossen sind, setze sich das Tragkraftspritzenfahrzeug (TSF) in Bewegung und navigiere ohne Zutun des Maschinisten ziel- und verkehrssicher zum Einsatz. Technisch ist dies durch unzählige verbaute Sensoren, Kameras, Computer und GPS-Module möglich. „Die letzten Tests schließen wir in den kommenden Wochen ab“, ergänzt Gerätewart Michael Schneider. Nach der Lintacher Kirwa um den 1. Mai solle die Automationstechnik im Realbetrieb eingesetzt werden – vorbehaltlich der noch ausstehenden ministerialen und versicherungsrechtlichen Genehmigungen. Die Lintacher sind zuversichtlich: „Die Pilotphase lief unfallfrei und nach Plan“, betont Erster Vorstand Michael Weiß. In den vergangenen Wochen hätte man unzählige Testfahrten auf dem Vorplatz vor der Kirche absolviert: „Dank der laufenden Sanierung der Kirche, war hier derzeit deutlich weniger los“, so der Vorstand. Den Umbau zum autonomen Einsatzfahrzeug übernahmen die Kameradinnen und Kameraden übrigens selbst – mit etwas Unterstützung der örtlichen Autohäuser und Werkstätten. Im Fokus stand dabei auch die Nachhaltigkeit, wie Gerätewart Michael Schneider betont: „Viele verbaute Komponenten sind recycelte Abfallprodukte.“ Als Schatzgrube hätte sich die Christbaumversteigerung erwiesen, und weiter: „Jedes Jahr gibt es Sachspenden, die niemand ersteigert. Dafür haben wir endlich Verwendung gefunden.“ So stammt das GPS-Modul für die Navigation zur Anfahrt aus deinem alten Mobiltelefon, die Kamera für das Abscannen des Nah-Umfelds wurde aus einem alten Camcorder gebaut und auf einem alten Plattenspieler für 365-Grad-Rundumsicht montiert. Im weiteren Verlauf des Projekts soll ein alter Kaffee-Vollautomat Verwendung finden. „Wir möchten das Thermostat ausbauen und zu einem Fern-Thermometer umfunktionieren“, schildert Zweiter Kommandant Dennis Schubert. Die Vision: Aus den Temperaturdaten und die durch die Kamera ermittelte Distanz zu einem Brandherd, errechnet künstliche Intelligenz die richtige Menge Löschwasser und regelt automatisch die Leistung der Pumpe. Der Erste Kommandant Benjamin Weiß räumt allerdings auch eine kleine Einschränkung der Automation ein: „In Lintach entsteht gerade ein neues Baugebiet. Wenn die Erschließung abgeschlossen ist, können wir erst die notwendigen Straßendaten in unser System einpflegen.“ Bis dahin müssten Einsätze vor Ort also manuell angefahren werden. „Wie in der guten alten Zeit“, kommentiert der Kommandant.

Das Lintacher Modell könnte auch für größere Feuerwehren Vorbildwirkung haben. „Stell dir vor, es brennt und Einsatzkräfte sind da – aber keiner davon hat den Führerschein für ein schweres Einsatzfahrzeug“, sagt Zweiter Kommandant Dennis Schubert, und weiter: „Das Problem könnte so bald der Vergangenheit angehören.“

Aber auch kleine Feuerwehren können plötzlich vor diesem Problem stehen. So hat die Feuerwehr Etsdorf kurzfristig ein 15 Tonnen schweres Löschgruppenfahrzeug als Leihgabe von der örtlichen Stützpunktfeuerwehr Freudenberg-Wutschdorf erhalten, nachdem das eigene Einsatzfahrzeug (auch ein TSF) wegen eines technischen Schadens nicht mehr einsatzfähig war. "Falls die Situation über längere Zeit so bleibt, bieten wir sehr gerne unsere Hilfe an", erklärt der Erste Vorstand. Mit der gewonnenen Erfahrung könne man einen weiteren Umbau in wenigen Wochen realisieren. 

Foto: Unzählige Meter Kabelstränge wurde im Fahrzeug verbaut, um die Sensorik mit leistungsfähigen Rechnern verbinden zu können. Nachweis: FF Lintach